Ein grässlich gutes Buch

Cover Das zweite Leben des Adolf Eichmann von Ariel Magnus

Ariel Magnus
Das zweite Leben des Adolf Eichmann
Aus dem Spanischen von Silke Kleemann
Kiepenheuer & Witsch 2021
234 Seiten
ISBN 978-3-462-00091-7

Ach du je, schon wieder was zum III. Reich und den Nazis – das kennt man doch schon Alles! So oder ähnlich mögen nicht Wenige denken, wenn sie diesen Buchtitel und den Klappentext lesen. Doch egal, wer wann wieviel schon zu diesem Thema gelesen, gesehen und/oder gehört hat – diese Lektüre lohnt sich in jedem Fall!

Adolf Eichmann leitete im III. Reich die zentrale Stelle, die für die Organisation der Verfolgung, Vertreibung und Deportation von Juden verantwortlich war und somit für die Ermordung von ca. sechs Millionen Menschen. Nachdem er nach Kriegsende fünf Jahre untergetaucht war, gelang ihm die Flucht nach Argentinien, wo er bis zu seiner Entführung nach Israel im Jahr 1960 unbehelligt mit seiner Familie leben konnte.

Über diese Zeit hat Ariel Magnus eine fiktive Teilbiographie geschrieben, wobei er sich nah an die wenig bekannten tatsächlichen Begebenheiten sowie an den Sprech- bzw. Schreibstil Eichmanns gehalten hat, wie man an dessen schriftlichen Ergüssen wie beispielsweise Götzen feststellen kann. Um es gleich vorweg zu nehmen: Es liest sich nicht einfach. Eichmann neigte zu ausufernden, schwadronierenden Sätzen gespickt mit Fremdworten, vermutlich um seine scheinbare Überlegenheit darzustellen.

Magnus übernimmt dies in die Sprech- und Denkweise seiner fiktiven Figur Eichmann, die sich in Argentinien den Namen Ricardo Klement gab und stellt somit dar, was er tatsächlich war: ein armseliges Würstchen ohne Rückgrat, der vermutlich auch bei den Stalinisten oder Pol Pot Karriere gemacht hätte. Ohne ihn allzu sehr ins Lächerliche zu ziehen (sieht man mal von der Möhre ab 😉), entblößt sich dieser fiktive Eichmann allein durch seine Gedankenwelt, die von der der realen Person möglicherweise gar nicht allzu sehr abweicht. Dennoch gibt es nicht allzuviel zum Lächeln: Sobald er eines seiner irrwitzigen Hirngespinste entwirft, um sich selbst etwas vorzumachen (beispielsweise hätten die Juden es ihm zu verdanken, dass sie einen eigenen Staat bekommen hätten), werden wie eine Selbstverständlichkeit die unvorstellbaren Grausamkeiten und Barbareien des III. Reiches erwähnt – ein eventuelles Lächeln bleibt einem im Halse stecken.

Ein wichtiges Buch, ein Buch gegen das Vergessen – auf eine andere Art.

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