Als Großmutter im Regen tanzte

Trude Teige
Als Großmutter im Regen tanzte
Aus dem Norwegischen von Günther Frauenlob
Fischer 2023
381 Seiten
ISBN 978-3-949465-12-3
Trude Teiges Roman erzählt die Geschichte dreier Frauen, ausgehend von Juni, die vor ihrem gewalttätigen Mann in das Haus ihrer verstorbenen Großeltern auf einer kleinen Insel flüchtet. Dort lebte zuletzt ihre Mutter Lilla, die vor einigen Monaten starb. Beim Ausräumen entdeckt Juni ein Foto ihrer Großmutter Tekla mit einem Wehrmachtssoldaten. Völlig überrascht beginnt sie nachzuforschen und stößt auf ein lang gehütetes Familiengeheimnis – und findet (nicht nur) die Erklärung für das angespannte Verhältnis zwischen Lilla und Tekla.
Der Großteil des Buches widmet sich Teklas Leben als junger Frau, erzählt aus ihrer Perspektive. Es beginnt mit ihrer Liebe zu Otto, einem deutschen Soldaten, die sie in Konflikt mit ihrer Familie bringt. Was vermutlich nicht nur mir unbekannt war: Norwegerinnen, die 1945 deutsche Besatzungssoldaten heirateten oder mit ihnen ausreisten, verloren ihre Staatsbürgerschaft. Sie wurden als „tyskerjenta“ oder „tyskertøs“ (Deutschenmädchen/-schätzchen) beschimpft. Eine Rückkehr nach Norwegen war nur möglich, wenn die Familie die Kosten übernahm – was selten geschah.
Teklas Geschichte ist eng mit den historischen Geschehnissen jener Zeit verknüpft: die Fahrt durch das zerstörte Deutschland, die Ankunft in Ottos Heimat Demmin, wo kurz zuvor ein Massensuizid stattfand, und der nun folgende Kampf ums nackte Überleben. All das ist eindringlich geschildert und zeigt, wie tief diese Erlebnisse auch die nachfolgenden Generationen geprägt haben.
Trotz der schweren Thematik, die bisher bedauerlicherweise viel zu wenig bekannt ist, liest sich das Buch unglaublich gut – es ist voller Empathie und Menschlichkeit. Eine große Leseempfehlung!
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