Die Passagierin

Franz Friedrich
Die Passagierin
S. Fischer 2024
510 Seiten
ISBN 978-3-10-39711-0
Die Ich-Erzählerin Heather Hopemann reist nach Kolchis, einer einst blühenden, nun verfallenen Stadt am Meer. Sie hofft, dort Heilung zu finden – für eine diffuse innere Beschädigung und unerklärliche Phantomerinnerungen.
Kolchis, benannt nach der Heimat der Medea, diente einst als Zwischenstation für Zeitreisende: Menschen, die keinen Einfluss auf die Weltgeschichte hatten und daher evakuiert wurden, um ihr Leben zu retten. Heather, geboren 1983 in Sachsen und 1998 evakuiert, kehrt nun mit rätselhaften Erinnerungen zurück. Dort trifft sie auf andere ehemalige Evakuierte, darunter Edgar, ein Schauspieler aus der Nachkriegszeit, und Matthias, ein Söldner aus dem Jahr 1498, der in den Bauernkriegen kämpfte. Alle kämpfen noch immer mit den Folgen ihrer Evakuierung, was in täglichen, freiwilligen Therapiesitzungen aufgearbeitet wird.
All das wird in einer ruhigen und gewissenhaften, manchmal melancholisch wirkenden Weise erzählt, die zur Atmosphäre dieses utopischen, doch leicht morbid wirkenden Kolchis passt. Doch so spannend das Gedankenspiel um Rettung, Zeit und Verantwortung auch ist – vieles bleibt vage, zu vage für mich. Weder über die Zukunft noch über die Hintergründe der Evakuierungen erfährt man Greifbares. Auch konkrete Fragen werden kaum gestellt, mit Ausnahme von Matthias, der deshalb für mich die interessanteste Figur des Romans ist.
Fazit: Eine faszinierende Grundidee in einer schönen Sprache, doch leider mit wenig Substanz. Was hätte man daraus machen können …
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