Long Island

Colm Tóibín
Long Island
Aus dem Englischen von Giovanni und Ditte Bandini
Hanser 2024
216 Seiten
ISBN 978-3-446-27947-6
Um den 80. Geburtstag ihrer Mutter zu feiern, kehrt Eilis Lacey nach zwanzig Jahren aus Amerika in ihr irisches Heimatstädtchen Enniscorthy zurück – zumindest ist das der offizielle Grund. In Wahrheit ist es eine Flucht: Ihr Ehemann Tony hat sie betrogen und wird nun erneut Vater. Und hinter Eilis‘ Rücken hat Tonys Familie, insbesondere ihre Schwiegermutter Francesca, bereits beschlossen, das Kind zu sich zu nehmen – auch gegen Eilis’ Willen.
Zwanzig Jahre zuvor war sie wegen des Todes ihrer Schwester nach Irland zurückgekommen, ohne jemandem zu verraten, dass sie kurz zuvor geheiratet hatte. Dort lernte sie einen anderen Mann, Jim Farrell, kennen und lieben, der um ihre Hand anhielt. Doch Eilis entschied sich nach Amerika zurückzufahren, ohne jemanden darüber zu informieren.
Mit ihrer erneuten Rückkehr wird diese ‚alte‘ Geschichte wieder aufgegriffen, nun auch aus den Perspektiven von Jim und Nancy, Eilis‘ ehemals bester Freundin erzählt. Für Jim war Eilis „the one who got away“ – die Frau, die ihn nie losließ, gerade weil sie nicht bei ihm blieb. Doch seit einiger Zeit hat er ein geheimes Verhältnis mit Nancy, die geradezu aufblüht und sich bereits ganz auf ihr künftiges Leben mit Jim vorbereitet.
Es ist eine Geschichte, die von Geheimnissen und Heimlichkeiten durchzogen ist, sodass Probleme und Schwierigkeiten unvermeidbar sind. Auffällig ist, dass zwei Frauen die starken Persönlichkeiten darstellen (Francesca und Nancy), die nach ihren Wünschen entscheiden; ihre Gegenparts sind zwei liebe, aber schwache Männer, Tony und Jim. Keiner der Beiden kann sich zu etwas entschließen, stattdessen hoffen sie einfach auf das Beste und handeln erst, wenn es nicht mehr anders geht.
Eilis ist nun die Leidtragende in dieser Gemengelage – jetzt wird sie betrogen und belogen. Und egal wie sie sich entscheidet: Etwas wird auf der Strecke bleiben.
Auch wenn es keine sonderlich originelle Geschichte ist und eher melancholisch, ist es eine wunderschöne, einfühlsame und behutsame Lektüre.
Neueste Kommentare