Eine Frage der Chemie

Cover Eine Frage der Chemie von Bonnie Garmus

Bonnie Garmus
Eine Frage der Chemie
Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
Piper 2022
462 Seiten
ISBN 978-3-492-07109-3

Was für ein unterhaltsamer Roman! Er führt uns in die 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts, eine Zeit, in der traditionelle Geschlechterrollen noch fest verankert sind. Im Mittelpunkt steht Elisabeth Zott, eine eindrucksvolle Frau, die als brillante Chemikerin und alleinerziehende Mutter eine einzigartige Persönlichkeit darstellt. Garmus entwirft eine faszinierende Figur, die die stereotypen Vorstellungen von Hausfrau und Karrierefrau durcheinander wirbelt.

Es ist eine Zeit, in der Frauen auch in der Wissenschaft auf erhebliche Widerstände stoßen, so auch Zott, obwohl sie ihren Kollegen in jeder Hinsicht deutlich überlegen ist. Als sie in einer Notlage gezwungen ist, das Angebot eines Fernsehsenders anzunehmen, eine neue Kochshow („Essen um sechs“) zu moderieren, macht sie daraus ihr ganz eigenes Ding: Denn Kochen ist Chemie. Sie navigiert souverän zwischen ihrem privaten Labor und der Zubereitung von Lasagne und lehrt ihr Publikum, fast ausschließlich Frauen, die chemischen Prozesse in der Küche.

Es werden noch Jahre vergehen bis zu den großen gesellschaftlichen Umwälzungen der 60er, von MeToo ganz zu schweigen. Zott wie auch ihre Geschlechtsgenossinnen sind es gewohnt, als dumm und blöd bezeichnet zu werden sowie Klapse auf den Po und Tätscheleien als normal zu betrachten. Und bei Schlimmeren hat Frau selber schuld (War der Rock zu kurz? Der Ausschnitt zu tief?), sodass Beschweren bzw. sich wehren sowieso nicht hilft. Doch Zott lässt sich trotz aller Widrigkeiten nicht unterkriegen und ermutigt ihre Zuschauerinnen sich zu trauen und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Zwar nicht ganz glaubhaft, aber dennoch schön zu lesen, wie manche der Figuren im Buch sich emanzipieren, sei es Zotts Nachbarin, die sich von ihrem Ehemann trennt, die Institutssekretärin, die Zott unterstützt, oder die Zuschauerinnen von „Essen um sechs“, die ihren eigenen Weg gehen.

Garmus kombiniert hier geschickt ein Gesellschaftsdrama mit Humor ohne dabei albern zu werden. Das Ende ist vielleicht etwas allzu rosarot überzeichnet, aber Elisabeth Zott hat es verdient – auf jeden Fall!

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