Ellbogen

Fatma Aydemir
Ellbogen
Hanser 2017
272 Seiten
ISBN 978-3-446-25441-1

Hazal, 17 Jahre jung, in Deutschland geboren, ist voller Zorn und Wut. Auf ihre Familie, die Gesellschaft und überhaupt. Eigentlich will sie ja nur glücklich sein im Leben: sich verlieben, Spaß haben und respektiert werden. Stattdessen hat sie ihren strengen Eltern zu gehorchen, spürt immer wieder die abschätzenden Blicke Anderer und sieht sich schon so enden wie ihre eigene Mutter. Unglücklich verheiratet, frustriert und gelangweilt alt werden. Nur zusammen mit ihren besten Freundinnen kann sie so sein, wie sie ist: unbeschwert, frech und laut. Als sie zu dritt an Hazals 18. Geburtstag losziehen um in einen Club zu gehen, passiert jedoch etwas, das das Leben aller Drei erschreckend verändert.

Hazal macht es den Lesenden nicht leicht, sie zu mögen. Dass in ihrem Leben nichts so läuft wie sie es möchte, ist in erster Linie immer die Schuld der Anderen. Dass sie keinen Ausbildungsplatz findet, „… liegt daran, dass die eine Hälfte meiner Lehrer aus Arschlöchern bestanden hat und die andere Hälfte geisteskrank war.“ Auch das Abitur nachholen will sie nicht, weil sie keine Lust hat, „… mein Leben lang bei meinen Eltern um Geld betteln zu müssen. Ausserdem müsste ich dann jeden Tag mit einem Haufen Vollidioten abhängen. Leute, die Abi machen, labern alle nur Scheisse und haben fettige Haare.“ Doch immer wieder wird klar, wie sehr sie diese „Vollidioten“ beneidet. Denen scheinbar alles zufliegt, die gut aussehen, liebevolle Eltern haben und deren Zukunft, die sie sich wünschen, keine Utopie ist.

Und hier beginnt man Mitgefühl zu bekommen mit dieser jungen Frau, die nicht weiß wohin mit ihren ganzen, teils sich widersprechenden Gefühlen. Die vor lauter Wut und Zorn so aggressiv reagiert, dass sie ihre Rettung nur noch in der Flucht sieht und erst nach und nach erkennt, in welcher Lage sie sich befindet.

Fatma Aydemir beschreibt Hazals Gedanken und Gefühle so intensiv, dass man fast glauben könnte, sie spräche direkt zu einem (was sie nie tun würde). Und am Ende des Buches bleibt nur noch zu hoffen – ja was? Dass sie ihre gerechte Strafe bekommt? Oder dass es ihr doch noch gelingt, ein glücklicher Mensch zu werden? Ich bin hin- und hergerissen und frage mich: Wieviele Hazals (auch Jungs) gibt es wohl noch?

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