Im Schnee

Tommie Goerz
Im Schnee
Piper 2025
173 Seiten
ISBN 978-3-492-07348-6
Ein kleines Dorf, in dem nur noch wenige Alteingesessene leben. Einer von ihnen ist Max. Er steht am Fenster und beobachtet die fallenden Schneeflocken, als er das Totenglöckchen hört – geläutet von der Mehlmeisel Gunda, wie schon zuvor von deren Mutter. Später erfährt Max, dass sein bester Freund Schorsch gestorben ist, friedlich daheim.
Er erinnert sich: an frühere Zeiten, an Lilo, die immer gesungen hat und deren Stimme er so gern lauschte; an Schorsch, der sich mutig gegen seinen gewalttätigen Vater stellte; und an die Frau des Bürgermeisters, die eines Tages einfach verschwand …
Gegen Abend macht sich Max auf zur Maicherd, Schorschs Witwe, in deren Haus die Totenwache stattfindet. Zunächst sitzen die Männer beieinander, später kommen die Frauen – sie wachen, erzählen Geschichten, trinken, essen, nehmen gemeinsam Abschied.
Viel passiert nicht in diesem Roman – keine spektakulären Abenteuer, keine schockierenden Enthüllungen. Und doch ist alles da: In den Erzählungen der Trauergäste und Max’ Erinnerungen lebt das Dorf wieder auf, mit all seinen Licht- und Schattenseiten. Da sind Vertrautheit und Enge, Hilfsbereitschaft und Ausgrenzung, Zusammenhalt und stille Scham. Xenophobie, Nostalgie, das Schweigen als Überlebensstrategie. „Worüber man nicht spricht, das gibt es nicht.“ Und so lebt man eben miteinander – weil man muss.
Vieles bleibt angedeutet, manches bewusst vage: seltsame Tode, heimliche Lieben, verschwundene Menschen. Auch die Liebe zwischen Max und Schorsch schimmert nur zart durch die Erinnerungen hindurch – und gerade darin liegt ihre Kraft.
Ein stilles, wunderschönes Buch, das die leise Schönheit, aber auch die Unbarmherzigkeit des Dorflebens zeigt.
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