Februar 33

Uwe Wittstock
Februar 33 – Der Winter der Literatur
C.H. Beck 2022
275 Seiten
ISBN 978-3-406-77693-9
Dieses Buch beginnt zwei Tage vor Hitlers Ernennung und zeigt, wie groß die Unsicherheit schon vorher war – und wie trügerisch der gegenseitige Zuspruch. Was folgt, ist das Erschrecken darüber, wie rasant aus Normalität eine Diktatur wird.
Uwe Wittstock erzählt den „Februar 33“ in einzelnen Tagen und kurzen Szenen. Es ist kein Roman, sondern eine Collage aus Tagen, Stimmen und Schicksalen. Schriftsteller:innen, Journalist:innen, Bühnenmenschen – viele noch hoffnungsvoll, manche bereits alarmiert – erleben, wie innerhalb weniger Wochen eine Diktatur entsteht. Die Tagesstruktur macht das Geschehen unerträglich nah: Man legt das Buch weg und weiß, am nächsten Morgen kann schon alles vorbei sein. Ich konnte oft nur ein paar Seiten lesen, dann brauchte ich Abstand. Nicht nur wegen der Gewalt, sondern wegen der Geschwindigkeit, mit der Menschenrechte zertrampelt werden – und wegen der erschreckenden Nähe zur Gegenwart. Dieses Buch liest man nicht nebenbei.
Doch genau das macht es so eindringlich: Die Gewalt kommt nicht mit Pauken und Trompeten, sondern morgens, an der Wohnungstür. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass Geschwindigkeit ein politisches Instrument ist – damals wie heute.
Die berühmten Namen, die hier auftauchen, geben dem Grauen ein Gesicht – und nehmen ihm jede Abstraktion. Besonders erschütternd ist der Epilog: Von 33 Menschen wird erzählt, wie ihr Leben weiterging. Kaum jemand fand je wieder Halt. Manche überlebten nicht. Das ist schwer auszuhalten – und genau deshalb wichtig.


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