Als wir träumten

Auf dem Cover des Buches wird die ZEIT zitiert mit „Dieser Ton nimmt von Anfang an gefangen.“. In gewisser Weise traf das auch bei mir zu, nur wohl anders als es gedacht war. Clemens Meyer erzählt vom Leben einer Jugendclique kurz vor der Wende und in der Nachwendezeit im Leipziger Osten. Vier Jungen wachsen in prekären Umständen auf, die Väter trinken, schlagen oder sind verschwunden; die Mütter blieben, fast immer völlig überfordert, sodass ihre Kinder sich selbst überlassen bleiben. Und diese nutzen die Zeit in ihrem heruntergekommenen, aber fast rechtsfreien Viertel, um all das zu tun, was eigentlich verboten ist: Autoklau, Alkohol, Einbruch usw. Dies wird so lebendig und authentisch beschrieben, dass ich nach 50 bis 60 Seiten frustriert das Buch zuschlug und dachte: Na klasse, da ist das Ende ja schon vorprogrammiert.

Doch so leicht breche ich ein Buch nicht ab und ich habe weiter gelesen. Und ja, wirklich besser wird es nicht. Aber die Teenager wuchsen mir ans Herz, denn trotz ihrer selbstzerstörerischen Lebensweisen, ihrem Drogenkonsum, ihrer Kriminalität, ihrer Aggression sind es gute Jungs, die die gleichen Träume haben wie Millionen andere auch: Anerkennung, Respekt, Vertrauen, Zuneigung, die Chance, ein gutes Leben zu leben. Wozu sie in der Gegend, aus der sie kommen, allerdings nur wenige Möglichkeiten haben.

Clemens Meyer verzichtet vollständig auf verständnisheischende Gesten oder pädagogische Fingerzeige, stattdessen wird durch die direkte und stellenweise auch brutale Sprache die chaotische und trostlose Realität lebendig und packend dargestellt. Kaum zu glauben, dass dieses Buch das Debüt des Autors ist!

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