King Zeno

Cover King Zeno von Nathaniel Rich

Nathaniel Rich
King Zeno
Aus dem Englischen von Henning Ahrens
Rowohlt 2020
447 Seiten
ISBN 978-3-7373-0091-5

1918, New Orleans, Chaos pur: Zurückgekehrte Soldaten bevölkern die Stadt, die Spanische Grippe beginnt um sich zu greifen, Rassismus, Kriminalität, ein Axtmörder, der scheinbar wahllos Menschen tötet – und mittendrin die Geburt des Jazz, einer neuen, verrückten Musik.

Geschickt verknüpft Nathaniel Rich einen packenden Kriminalplot mit historischen Fakten, da es die Morde wie auch den Axtmörder tatsächlich gegeben hat ebenso wie den Bau des Industrial Canal, der eine wichtige Rolle spielt. In dieser düsteren Kulisse verwebt Rich die Geschichten dreier unterschiedlicher Figuren, die alle eine schwere Last mit sich tragen: Isadore Zeno, ein schwarzer Kleinkrimineller und begnadeter Jazzmusiker, was jedoch kaum jemand erkennt; Bill Bastrop, ein traumatisierter Kriegsheimkehrer und Polizist mit einem düsteren Geheimnis; und Beatrice Vizzini, eine ruchlose Matriarchin aus Sizilien, die einen Mafia-Clan anführt und den Bau des Kanals verantwortet.

Doch nicht nur die Geschichten dieser drei ProtagonistInnen sind Themen, auch die Entscheidungsprozesse, die Kollektivität und die Ignoranz gegenüber wissenschaftlichen Warnungen, die trotz ihres historischen Hintergrundes geradezu unheimliche Parallelen zur heutigen Zeit aufweisen. Auch der Bezug auf überfüllte Krankenhäuser und eine grippeähnliche Pandemie kommen einem bekannt vor; oder wie durch den Bau des Kanals die Umwelt zerstört wird, indem man die Vergangenheit ausgräbt: Jahrtausende alte Baumstämme und Überreste von ausgestorbenen Tieren werden ans Tageslicht gebracht. Und nicht zuletzt die Wut der schwarzen Charaktere auf den Rassismus der damaligen Zeit, die ein Jahrhundert später als „Black Lives Matter“ bekannt sein wird.

Trotz der scheinbar so weit voneinander entfernt liegenden Erzählstränge und Motive führt Nathaniel Rich sie in einem hollywoodreifen Finale am Ende wieder gekonnt zusammen – vielleicht ein bisschen zu viel des Guten, aber im Vergleich zu den davor liegenden über 400 Seiten ist das nur ein kleines Manko.

Krimibestenliste Dezember 2020

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