Ein Sommer in Niendorf
Heinz Strunk
Ein Sommer in Niendorf
Rowohlt 2022
240 Seiten
ISBN 978-3-498-00292-3
Heinz Strunk hat mal wieder ein Buch über einen bzw. mehrere Menschen geschrieben, die alles andere als Sympathieträger sind. Doch das Erstaunliche: Trotz aller negativen Eigenschaften, die diese Personen aufweisen (und das sind nicht wenige), gelingt es dem Autor sie so darzustellen, dass man Mitgefühl mit ihnen empfindet. Vielleicht nicht mit allen Figuren gleichermaßen, aber mit Roth, dem Protagonisten, empfand ich zunehmend mehr Mitgefühl sowie Mitleid.
Dieser Roth ist ein wohl recht erfolgreicher Wirtschaftsjurist, der sich zwischen dem Wechsel einer Arbeitsstelle eine Auszeit von vier Monaten gönnt, von denen er drei an der Ostsee in Niendorf verbringen will, um dort ein Buch über seine Familie zu schreiben. Wider Willen gerät er in immer engeren Kontakt mit dem Verwalter seiner Wohnung, der auch den Strandkorbverleih sowie ein Spirituosengeschäft im Ort betreibt. Obwohl Roth zu Beginn abgestoßen wird von dessen Alkoholismus und vulgären, primitiven Verhalten, entwickelt sich eine Art von Beziehung, zu der sich noch Simone gesellt, die Freundin des Verwalters.
Einerseits fand ich es amüsant zu lesen, wie Roth, stets überheblich und arrogant über seine Mitmenschen urteilend, sich immer mehr dem Niveau des Verwalters annähert. Heinz Strunk beschreibt dies aber nie lächerlich, sondern so dass andererseits deutlich wird, wie einsam dieser Mensch in Wirklichkeit ist und sich nach nichts mehr als menschlicher Zuneigung sehnt. Eine verlorene Seele, die letztendlich dennoch ihr Glück findet, wenn auch auf völlig andere Weise, wie sie es sich vermutlich vorstellte. Und wir Lesenden auch 😉
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