Bergland

Jarka Kubsova
Bergland
Goldmann 2023
285 Seiten
ISBN 978-3-442-49354-8
In den 1940er Jahren, tief in Südtirol, steht die junge Rosa plötzlich allein da: Nach dem Tod des Vaters und dem Verlust ihrer Brüder im Krieg erbt sie den Familienhof. Entgegen aller Erwartungen hält sie den Hof am Laufen – mit Mut, Ausdauer und einem tiefen Gespür für das Leben. Reich wird sie nie, doch sie meistert auch schwere Zeiten – nicht nur für sich, sondern auch für eine junge Witwe mit ihrem Sohn Josef.
Doch die Zeit bleibt nicht stehen. Der technische Fortschritt erreicht auch das abgelegene Tiefenthal, und Rosa stemmt sich dagegen – sehr zum Ärger ihres Sohnes. Als ihre Kräfte schwinden, überträgt sie Josef den Hof – der mit Energie alles verändert, was für ihn nicht mehr in die Zeit passt.
Aber: Fortschritt bringt nicht automatisch Verbesserung. Die Industrialisierung der Landwirtschaft bringt große Herausforderungen – wirtschaftlich, emotional und gesellschaftlich. Als schließlich Josefs Sohn Hannes den Hof mit seiner Frau Franziska übernimmt, reicht die Landwirtschaft allein nicht mehr: Feriengäste müssen her, der Hof wird zum Ferienidyll – ein Klischee vom Landleben, das immer weniger mit der Realität zu tun hat.
Die Belastung steigt ins Unerträgliche. Der Hof dient nicht mehr der Familie, sondern den Erwartungen der Touristen. Als Franziska nach der Geburt ihres vierten Kindes zusammenbricht, wird klar: So kann es nicht weitergehen.
Was Jarka Kubsova hier erzählt, ist weit mehr als eine Familiengeschichte. Es ist ein einfühlsames Porträt des ländlichen Lebens im Wandel der Zeit – erzählt auf drei Zeitebenen, aus der Sicht von Rosa, Josef, Hannes und Franziska. Besonders eindrucksvoll finde ich, wie sich die Sprache je nach Epoche anpasst – in Rosas Zeit schlichter, mit regionalen Begriffen wie „schneiteln“ oder „Runggl“, die authentisch und liebevoll eingeführt werden.
Mir hat das Buch gut gefallen. Ich glaube, es zeigt nicht nur die Realität in Südtirol, sondern spricht für viele ländliche Regionen, in denen der Fortschritt nicht nur Segen ist, sondern auch Verlust bedeutet: an Selbstbestimmung, Sinn und Gemeinschaft.
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