Gesellschaftsdrama in Form eines Thrillers
Tim MacGabhann
Der erste Tote
Aus dem Englischen von Conny Lösch
Suhrkamp 2020
271 Seiten
ISBN 978-3-518-47104-3
Andrew, Journalist, und Carlos, Fotograf, berichten seit Jahren gemeinsam über den mexikanischen Drogenkrieg und glauben, es könne sie nichts mehr erschüttern. Doch als sie bei einer Recherche für einen Beitrag über die Ölindustrie in Poza Rica, Veracruz, einen entsetzlich verstümmelten Toten finden und Carlos auf eigene Faust Nachforschungen anstellt, wird er grausam ermordet. Andrew macht alleine weiter …
Ob der Verlag diesem Buch einen Gefallen getan hat, es als Thriller zu vermarkten, ist fraglich. Denn den Großteil der Geschichte nimmt die Darstellung der Lebensverhältnisse in Mexiko ein: das Verschwinden unzähliger Menschen; die Ermordung unschuldiger Mexikanerinnen und Mexikaner; die Korruption, die weit in die Reihen der Politik und der Polizei reicht; das Zugrunderichten der Lebensbedingungen der Einheimischen zugunsten eines schnellen Profits im Ölgeschäft. Man merkt, dass Tim MacGabhann, der seit längerem in Mexico City als Journalist lebt, weiß wovon er schreibt. Seine Schilderungen von Mexikos Alltag wirken so realistisch und überzeugend, dass die Suche nach Carlos‘ Mörder etwas in den Hintergrund gerät.
Spannend und packend ist dieses Buch allemal, doch wer einen typischen Thriller erwartet, wird wohl eher enttäuscht sein. Im Mittelpunkt steht nicht die Aufklärung des Mordes an Carlos, sondern die Hauptfigur Andrew, der verzweifelt versucht in diesem Sumpf aus Kriminalität und Korruption zu überleben und bei seiner Suche nach den Schuldigen das Alltägliche wie auch seine Erinnerungen erzählt.
Mir hat es gefallen und ich bin gespannt auf die zwei angekündigten Fortsetzungsbände.
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