Laufendes Verfahren
Kathrin Röggla
Laufendes Verfahren
S. Fischer 2023
205 Seiten
ISBN 978-3-10-397155-2
Ein seltsames Buch – ob es gut ist? Irgendwie ja, aber auch irgendwie nein. Bei dem titelgebenden Laufenden Verfahren handelt es sich um den mehr als fünf Jahre dauernden NSU-Prozess, der zwar zu klaren Verurteilungen führte, bei dem aber eine Menge Fragen unbeantwortet blieben.
Als Ich-Erzähler fungiert eine Gruppe von ZuschauerInnen, die das gesamte Verfahren auf der Empore des Gerichtes verfolgen und entsprechend kommentieren: der Gerichtsopa, der O-Ton-Jurist, die Omagegenrechts, der Bloggerklaus, die Frau aus der türkischen Botschaft und die Vornamenyildiz, der je nach Stimmung und Situation eine andere Bezeichnung vor Yildiz gestellt wird. Wirklich erzählt wird aber wenig bis gar nichts; stattdessen folgt (zumindest wirkte es so auf mich) eine Art Gedankenfluss der einzelnen Personen, in den hin und wieder kleine Gesprächsfetzen eingestreut wurden.
Positiv fand ich viele der auftauchenden Fragen, von denen man sich manche vielleicht schon selbst während des Prozesses gestellt, aber keine Antwort bekommen hat – leider auch jetzt nicht. Weniger gut gefiel mir die Art des Erzählens. Dieses meist nur Aneinanderreihen von Gedanken, Überlegungen, Fragen usw. fand ich ziemlich ermüdend. Es entstand weder eine Spannung noch eine Beziehung zu den Personen, von den Prozessbetroffenen ganz zu schweigen. Und so stellte ich mir immer wieder die Frage nach dem Sinn dieses Buches: Betroffenheit wecken? Informationsbedürfnis stillen? Eine einfache Nacherzählung?
Wie schon geschrieben, es wurden gute und berechtigte Fragen gestellt, die beantwortet werden sollten – bald. Aber wenn dies der Sinn wäre, hätte man es nicht besser, unterhaltsamer(?) schreiben können?
Neueste Kommentare