Windstärke 17
Caroline Wahl
Windstärke 17
DuMont 2024
254 Seiten
ISBN 978-3-8321-6841-4
Ich habe „22 Bahnen“, das erste Buch von Caroline Wahl, nicht gelesen, aber habe es auch nicht vermisst bei der Lektüre von „Windstärke 17“, obwohl es offenbar direkt an den Vorgängerband anknüpft.
Die Mutter der beiden Schwestern Ida und Tilda ist während der Abwesenheit von Ida an einer Überdosis gestorben, und diese fühlt sich schuldig, schuldig, schuldig, sie allein gelassen zu haben (Tilda ist bereits vor zehn Jahren ausgezogen).
Ich bin eine schlechte und schwache Scheißtochter. Ich war eine schlechte und schwache Scheißtochter, und jetzt bin ich einfach nur noch allein.
Verzweifelt und fast schon panisch packt sie kurze Zeit später ein paar wenige Sachen und macht sich auf den Weg Richtung Norden, wo ihre Schwester in Hamburg lebt. Doch spontan fährt sie nach Rügen, ohne zu wissen weshalb und wohin. Sie sucht sich einen Schlafplatz in der Jugendherberge und findet einen Job in der Kneipe von Knut, wo sie zwei Tage später völlig erschöpft zusammenbricht. Knut und Marianne, Knuts Ehefrau, nehmen sie bei sich auf und langsam kommt sie wieder zu Kräften. Doch der Tod ihrer Mutter hängt weiter über ihr wie die dickste und dunkelste Wolke überhaupt und lässt sie nicht schlafen und zur Ruhe kommen. Nur das Meer und bald darauf Leif, den sie kurz nach ihrer Ankunft bei Marianne und Knut kennenlernt, bringen ihre Gedanken zum Schweigen.
Es ist Ida, die ihre Geschichte erzählt, und die Art ihres Erzählens ist in völliger Übereinstimmung mit ihrer Persönlichkeit: sehr emotional, wütend, verletzlich, kratzbürstig. Ihre Kommunikation: sehr kurz, sehr knapp, obwohl sie oft mehr sagen möchte. Dennoch kommt man ihr durch ihre direkte und ziemlich deutliche Art des Denkens und Sprechens sehr nahe, und ich hätte ihr gerne beigestanden, wenn sie beispielsweise versucht, sich ihren Schmerz aus dem Leib zu schreien.
Trotzdem: Es war mir ein bisschen zu viel von allem. Zu viel Schmerz und Wut und Zorn; zu viele glückliche Zufälle mit liebenswerten Menschen; und dann eine schlechte Nachricht wie ein Omen – doch nicht zu viel Gutes erhoffen! Dennoch schlägt man das Buch irgendwie befriedigt zu, denn es ist klar: Es wird schon gutgehen. Ein Buch für schlechte Zeiten 😊
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