Eine Liebe in Pjöngjang

Andreas Stichmann
Eine Liebe in Pjöngjang
Rowohlt 2022
156 Seiten
ISBN 978-3-498-00293-0
Der Titel klingt erst mal wie ein Klischee – noch eine Liebesgeschichte, diesmal halt in Nordkorea. Aber was Stichmann erzählt, ist weit mehr als das: eine Begegnung zwischen zwei Frauen, die einander faszinieren und gleichzeitig fremd bleiben. Die deutsche Intellektuelle Claudia Aebischer reist nach Pjöngjang, um dort eine Bibliothek aufzubauen – und vielleicht auch, um mit ihrer Vergangenheit zu brechen. Dort trifft sie auf Sunmi, eine Nordkoreanerin, die ihr als Übersetzerin und Begleiterin zur Seite gestellt wird – und möglicherweise noch aus ganz anderen Gründen.
Was zwischen den beiden entsteht, ist keine klassische Romanze, sondern ein fein gesponnener Dialog über Nähe und Distanz, Sprache und Identität. Der Roman ist sprachlich außergewöhnlich – poetisch, verschoben, manchmal fast antiquiert. Gerade Sunmis altertümlich-lyrisches Deutsch, beeinflusst von der deutschen Romantik, wird zur Brücke und zum Stolperstein zugleich.
Nordkorea bleibt dabei stets präsent – als Realität, als System, als Grenze. Doch im Zentrum steht etwas anderes: ein Versuch von Verbindung, die sich nicht auflöst, sondern aushält. Oder, wie es im Roman heißt:
Im Anderen das Fremde gelten lassen, als das Unverständliche.
Vielleicht ist genau das die Utopie, die dieser Roman andeutet.
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