Die letzte Französin

Jérôme Leroy
Die letzte Französin
Aus dem Französischen von Cornelia Wend
Edition Nautilus 2025
99 Seiten
ISBN 978-3-96054-387-9
Was haben wir hier? Ein schmaler Band mit weniger als 100 Seiten, aber inhaltlich ein ganzes Arsenal – „Die letzte Französin“ von Jérôme Leroy feuert sofort aus allen Rohren. Der Roman spielt in einem Viertel mit dem charmanten Spitznamen „Die 800“, gelegen „oberhalb einer großen Hafenstadt im Westen“ Frankreichs – bekannt für desolate Werften, Arbeitslosigkeit deluxe und stalinistische Wiederaufbau-Romantik.
Leroy lässt keine Zeit für Vorrede: Schon nach wenigen Zeilen knallt ein Schuss, Hirn auf Asphalt inklusive. Willkommen im Noir. In der 800 treffen sich geopolitische Brisanz, soziale Abgründe und jede Menge Klischees auf Speed: indigene Junkies, zukünftige Attentäter, durchgeknallte Polizisten, eine rechtsradikale Regierungspartei namens „Patriotischer Block“ und mittendrin der arme Capitaine Méguelati vom Inlandgeheimdienst, der von einem rassistischen Brigadier erschossen wird.
Was folgt, ist ein stakkatoartiger Ritt durch Gewalt, Ironie und Gesellschaftskritik. Der „allwissende Erzähler“ gräbt sich durch die Seelen seiner Figuren: Islamisten, desillusionierte Politiker, Lehrer mit Libido-Turbo und die obligatorische Alibi-Intellektuelle – eine leicht angetrunkene Jugendbuchautorin, die sich weniger für ihre LeserInnenschaft als ihr Image interessiert.
Und dann ist da noch sie: die letzte Französin – nicht etwa die schreibende Pseudojugendversteherin, sondern eine „kleine Gauloise“, die nicht ganz so unschuldig ist, wie sie aussieht.
Das Ende? Ist wie der Anfang: absurd, bitter, genial.
Jérôme Leroy zeigt eine Gesellschaft, die ihre Feindbilder pflegt wie andere ihre Haustiere, in der der Wahnsinn nicht ausbricht, sondern einfach Routine ist.
Und dabei bleibt einem das Lachen oft im Hals stecken. Aber es kommt. Garantiert.
Allerdings nicht beim Preis: 16 € für ein Taschenbuch mit knapp 100 Seiten grenzt schon fast an Wucher. Aber das bleibt das einzige Manko dieses Büchleins.
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