Der Hausmann

Wlada Kolosowa
Der Hausmann
Illustriert von Raúl Soria
leykam: 2022
316 Seiten
ISBN 978-3-7011-8253-4

Thea und Tim, ein junges Paar aus Berlin, müssen aus ihrer Wohnung ausziehen, da diese der Gentrifizierung zum Opfer fiel. Sie ziehen an den Stadtrand in ein heruntergekommenes Mietshaus, das Theas Eltern, gut situiert und wohnhaft in Dahlem, wohl sozialen Brennpunkt nennen würden. Da Theas Vater seine monatlichen Zahlungen einstellt, beginnt sie in einem aufstrebenden Start-up zu arbeiten, deren Sinnhaftigkeit sich ihr zwar nicht erschließt (veganes Hundefutter), aber das Geld für die Miete und den Lebensunterhalt einbringt. Tim zeichnet derweil an seiner Graphic Novel, kümmert sich um den Haushalt, bringt dem 19jährigen Ukrainer aus dem Erdgeschoss Deutsch bei und hilft der 80jährigen Nachbarin beim Internet. Als Tim eines Tages an der Haustür zusammengeschlagen wird und Thea den Druck ihrer Arbeit nicht mehr aushält, ist das Chaos perfekt.

Hört sich alles ziemlich dramatisch an und letztlich sind es die Themen auch. Es geht um prekäre Existenzen, Klimakatastrophe, Altersarmut und Einsamkeit, aber auch um Liebe, Vorurteile und die Entzauberung des New Work, die der neue Job von Thea repräsentieren soll, der aber viel eher den Arbeitsverhältnissen der Frühzeit der industriellen Revolution ähnelt. Doch die Art und Weise, wie diese Geschichte umgesetzt wird, macht aus diesen ernsten Themen eine abwechslungsreiche und auch witzige Geschichte, ohne dass deren Ernsthaftigkeit verloren geht. Jede der genannten Figuren (Tim, Thea, Maxim der Ukrainer und Dagmar, die 80jährige Nachbarin) erzählen in einer jeweils anderen Form ihre Version der Geschehnisse. Tim ist der Ich-Erzähler, während Maxim das Erlebte und seine Gedanken für Schreibübungen nutzt, um sein Deutsch zu verbessern. Dagmar berichtet in ihrem neu erstellten Blog aus ihrem Leben und gibt Spartipps und von Thea erfahren wir durch Mails an ihre beste Freundin und Kollegin, was sie umtreibt. Zuguterletzt gibt es noch die von Tim gezeichnete und geschriebene Graphic Novel, die die Klimakatastrophe zum Thema hat, kongenial gezeichnet von Raúl Soria.

Was vielleicht jetzt wirkt wie eine wirre Gemengelage, in der man nur schwer den Überblick behält, liest sich tatsächlich lockerleicht und unterhaltsam. Die überaus unterschiedlichen Stile der einzelnen Personen sind sehr treffend umgesetzt, sodass es leicht fällt, sich Tim, Thea und die anderen vorzustellen und den Überblick zu behalten. Ein ungewöhnliches, sehr lesenswertes Buch mit liebenswerten Figuren!

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